3.8   Tilgung der Staatsschulden durch einmalige Übergangs-Seigniorage (Substitution von alten Giralgeld-Verbindlichkeiten durch neues Vollgeld)

Im Zuge der Reform der Geldschöpfung tritt Vollgeld an die Stelle der alten Bestände an Giralgeld (täglich fällige Verbindlichkeiten der Banken gegenüber ihren Kunden). Infolge dieser Substitution werden in den Anfangsjahren einer Vollgeldordnung vorübergehend große Summen an einmaliger Extra-Seigniorage in Gesamthöhe der alten Giralgeld­bestände anfallen.

Rein rechnerisch würde es die einmalig anfallende Übergangs-Seigniorage erlauben, je nach Land 50-75 Prozent der gesamten Staatsschuld zu tilgen, in Deutschland 72 Prozent (2014). Die Substitutions-Seigniorage eröffnet also die die einmalige Gelegenheit, den öffentlichen Schul­den­stand in wenigen Jahren ohne Heulen und Zähneklappern abzu­bauen. 

Es stellt sich allerdings die Frage, ob, wenn der Staat in wenigen Jahren das Gros seiner fälligen Schulden tilgen würde, dies am Rentenmarkt und in der Portfolio-Struktur der Akteure darüber hinaus nicht zu unerwünschten Ausschlägen führen könnte. Von daher kann man zunächst daran denken, nur einen Teil der Übergangs-Seig­niorage zum Rückkauf von Anleihen zu verwenden und den anderen Teil als zusätzliche öffentliche Ausgaben oder als nationale Pro-Kopf-Dividende in Umlauf zu bringen. Dies würde beim Gros der Bevölkerung unmittelbar zu einer erhöhten Ersparnis- und Eigenkapitalbildung führen, was für Banken wiederum direkten Zufluss an Liquidität bedeutet.

Um solche Übergangs-Irritationen auszuschließen, kann man einen pragmatischen Kompromiss eingehen und für etliche Jahre zweigleisig verfahren: Ein Teil der zu substituierenden Guthaben würde zum behutsamen Rückkauf von Staatsanleihen sowie als zusätzliche öffentliche Ausgaben oder nationale Dividende realisiert, während der andere, zunächst wohl größere, aber im Laufe der Monate und Jahre immer kleiner werdende Teil vorläufig weiterhin per verzinslichem Zentralbankkredit an die Banken verliehen würde. Solche Zentralbankkredite haben vergleichsweise kurze Laufzeiten von einer Woche bis zu einem Jahr. Das gäbe der Zentralbank die Möglichkeit, die Abkehr von der schuldenbehafteten Kreditgeldschöpfung und ihre zunehmende Ersetzung durch schuldenfreie Seigniorage ausgewogen und flexibel zu steuern.